Vermittlung und Verwilderung Gottfried Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe

In vielfältiger Weise greift die Prosa Gottfried Kellers das Problem der Herstellung sozialen Zusammenhalts im bürgerlichen Zeitalter auf: Geld und Liebe, Arbeit und Kunst erscheinen als zentrale Institutionen und Medien der interpersonellen Vermittlung, die nach der wechselseitigen Übereinkunft zwischen Vertragspartnern modelliert ist. Die betont topologische Anlage der Novelle Romeo und Julia auf dem Dorfe läßt das Prinzip der Vermittlung als problematisches hervortreten; der mittlere Acker trennt und verfeindet zwei benachbarte Bauern miteinander in eben dem Maße, wie er zwischen ihren Kindern eine Liebesbeziehung stiftet. Die Eskalation sowohl der Konfliktwie der Liebeshandlung zeigt den scheinbar neutralen Ort der Mitte, und damit den funktionalen Ort der Medien und Institutionen, als Schauplatz einer zunehmenden Verwilderung.