Der soziale und medizinische Umgang mit „Transsexualität“
(Transidentität) stößt in zunehmendem
Maße auf Kritik. Der vorliegende Beitrag geht der
Frage nach, welches semantisch-begriffliche „Konzept“
von Transidentität in Deutschland vorherrscht
und inwieweit die Konstituenten dieses Konzeptes
den Denkhorizont, vor dem die ethischen Implikationen
des Phänomens Transidentität verhandelt
werden, begrenzen. Es lässt sich zeigen, dass der
gegenwärtige Umgang mit Transidentität auf mehreren
kaum hinterfragten, gleichwohl systematisch
und ethisch problematischen Setzungen basiert. Zu
diesen gehören (1) die Pathologisierung von Transidentität
und deren weitgehende Überstellung in
den Zuständigkeitsbereich der Medizin, (2) die Behauptung
eines Primats der chirurgischen Therapie
(Vernachlässigung der postoperativen Phase), (3) das
Paradigma „Bigenus“, (4) die terminologisch fassbare
„Sexualisierung“ des vorliegenden Identitätsproblems
und (5) die juristische Vorgabe, wonach der
Personenstand an gonadal-morphologischen Kriterien
festzumachen ist. Um das Ziel eines ethisch reflektierten
und dadurch gesellschaftlich wie medizinisch
verantwortungsvollen Umgangs mit Transidentität
ernsthaft verfolgen zu können, ist es zunächst
erforderlich, die bezeichneten Setzungen in
einem offen geführten Diskurs auf den Prüfstand zu
stellen. Erst das Ergebnis einer solchen Prüfung kann
den Weg für einen zeitgemäßeren, medizinethisch
belastbaren (reflektierten) Umgang mit Transidentität
ebnen.